Montag, 26.06.2006
Untertitel: Lufthansa = Frusthansa
Der Tag hatte perfekt angefangen. Ich war rechtzeitig am Bahnhof, der Zug kam rechtzeitig an, alles erschien perfekt zu laufen. Ich hatte genügend Zeit zum Checkin-T am Bahnhofsterminal in Frankfurt zu gehen, dort einzuchecken, und dann meinen Chef im Security Bereich zu treffen. Theoretisch. Leider waren die sonst so vertrauten Anzeigen am Checkin-T plötzlich ganz anders. Dort stand das man nur noch für Rail-And-Fly dort einchecken konnte, nach Köln und Stuttgart. Die fehlenden Sicherheitschecks des Gepäcks sorgten für die restliche Unsicherheit.
Es erschien also als sei der Checkin-T aufgelöst worden. Mist! Also runter zur Halle, "an einem Montag morgen wird ja nicht viel los sein", aber das entpuppte sich als fataler Irrtum. Es war die Hölle los, alles überfüllt, verstopft. Ich würde hier nie rechtzeitig einchecken können - und da ich auch kein eTix habe würde ich auch auf keinen Automaten hoffen können (es gibt welche die auch Gepäck akzeptieren).
Also wieder hoch zum Checkin-T, ungeniert vorgelaufen, nachgefragt, "Ja, sie können trotzdem hier einchecken", Yeah! Die Uhr zeigt ein großes Polster an, alles schien okay. Schien es aber auch nur. Ich musste Ewigkeiten in der relativ kurzen Schlange warten, da anscheinend jeder Passagier vor mir ein Problem hatte. Irgendwelche Computerprobleme, Passprobleme, oder sonst was. Als ich dann drankam tippte die Frau hinter dem Schalter wie verrückt los und brachte nur ein "Uh-oh!" raus. Da ich schon oftmals die Pannen der Lufthansa ausbaden musste wusste ich die Art des "Uh-oh!"s einzuschätzen. Es war die Art die tagelange Probleme verursacht. "00:37! Ich kann sie aber nur bis 40 Minuten vor dem Abflug einchecken! Warum haben sie es nicht in der Schalterhalle versucht?". *grml*. Hastig, aber denoch professionell, telefonierte sie runter in den 1st class Bereich und lies mich durch ihren Kollegen einchecken. Leider verzettelte sie sich mit dem Baggage Tag, ich musste also beim Boarding selbst dafür sorgen dass mein Gepäck in die Maschine kommt. Ich lief also runter in die Halle, zum Priority Bereich, redete auf ihren verpeilten Kollegen ein, bekam meinen Boarding Pass wie versprochen, und hetzte zum Gate.
An der Passkontrolle traf ich auf einen superniedlichen Polizisten. Er kontrollierte meinen Pass, gab ihn mir zurück, und ich hauchte grinsend "Tschüss!" zu ihm. Als mir auffiel das dies absolut unpassend in dieser Situation war wurde ich knallrot und verlies das Feld. :-) Ich kam noch rechtzeitig am Gate an, und alles schien gerettet. Da ich zu der "Computerdame" beim Gate musste, um mein Gepäck noch auf die Maschine zu bekommen, stellte ich mich dort an und wartete. Und wartete, und wartete. Anscheinend warteten dort 10 Leute auf Warteliste auf einen Flug, und ließen mich nicht vor. Als ich dann drankam tippte Fräulein "Mir doch egal!" panisch auf ihrer Tastatur herum und meinte dann nur: "Ja, ihr Gepäck ist schon drin!". Gut! Auf nach Zagreb!
Anderthalb Stunden, und einen heißen Flirt mit der Stewardess, später landeten wir in Zagreb und warteten auf das Gepäck. Nun, fassen wir es kurz: Ich und etwa 6 weitere Passagiere machten Bekanntschaft mit dem Lost Baggage Büro in Zagreb. Mein Trolley mitsamt Ladegerät, Kontaktlinsenzeug, Kleidung, Unterwäsche, etc. ... WEG! Fräulein "Leck mich am Arsch" notierte sich mein Hotel und versprach es wird mir dorthin zugestellt.
Nachdem das geklärt, und der 37°C Temperaturschock erstmal verkraftet war, ging es mit dem Auto einer Zagreber Mitarbeiterin (Ziel des Besuches war es ja die Partnerfirma dort zu begutachten und einige On-Site Gespräche und Reviews zu führen) Richtung Stadt. Da habe ich zum ersten mal die scheinheilige Verlogenheit meines Chefs bemerkt, oder zumindest erahnt. Als wir noch weit vor Zagreb, in der düstersten Einöde zwischen Flughafen und Stadt waren meinte er: "Mhm! Mhm! Schön hier! Zagreb gefällt mir!". Die Mitarbeiterin meinte nur: "Ähm, Danke! Aber das hier ist nicht Zagreb, das ist freie Vorstadtfläche!".
Im Hotel angekommen (Westin Zagreb, 5 Sterne, nur so nebenbei ;-)) genossen wir die Vollklimatisierung und entspannten einige Stunden. Leider bemerkte ich erst dort dass die PCMCIA WLAN Karte des Laptops entweder im Tumult in Frankfurt oder in Zagreb verloren ging. Sie ist bis heute nicht wieder aufgetaucht. Zu diesem Zeitpunkt hoffte ich das ich sie nicht im Handgepäck (Laptop Tasche) sondern in den Trolley gepackt hätte. Dies bedeutete das ich immer nur in der Lobby des Hotels ins Internet konnte - also kein großartiges GR surfen :-)
Generell war überhaupt nichts schwules in der Woche los. Homos die ich über GR befragt hatte sagten mir das es in der Millionenstadt Zagreb nur einen einzigen Club gibt, der wohl eher das Prädikat "größere Bar" verdient hätte, und in der Qualität eher minderwertig war. Schade, hoffte ich doch unter der Woche ein wenig die Kroaten-Boys beschnuppern zu dürfen :-)
Das Fernsehen bot allerdings einiges an Spass. In Kroatien werden die Sendungen im Originalton ausgestrahlt, aber mit Untertiteln verständlich gemacht. Deshalb sprechen viele Kroaten auch erstaunlich gutes Englisch. Ich durfte auch "RTL Televizija" begutachten. Kroatisches RTL. Dort laufen aber abartigerweise keine kroatischen Filme, oder amerikanische Blockbuster, es laufen deutsche Produktionen, aber nicht DEUTSCH sondern ENGLISCH gesprochen, und zwar im Original!! Man sieht also wie Kommisar Xyz da steht, links und rechts um ihn läuft die Deutsche Polizei, mit dementsprechenden Jacken und Autos, aber er redet mit seinem Kollegen in fürchterlichem Englisch. Das alles noch mit kroatischen Untertiteln - Himmel! Ansonsten gab es die üblichen Sender. CNN, NBC, RTL, SAT.1, Pro7, DSF, etc.
Einige Stunden später wurden wir von einem Geschäftsführer abgeholt und gingen Abendessen. So gut gegessen haben wir schon lange nicht mehr, hauptsächlich eine große Fleischplatte mit kroatischen Köstlichkeiten. Mampf! Danach liefen wir ein bißchen in der Stadt rum und bekamen diese vorgeführt. Himmel ist die schön! Alle Straßen und Fußgängerzonen sind etwa 3 mal so breit wie man es in Deutschland gewohnt ist, und alle 50 Meter gibt es riesige Plätze. Diese Größenordnungen werden benötigt, denn auf jeder Straße, auf jedem Platz, gibt es immer ein Dutzend Straßenkneipen. Wie man mir später sagen wird besteht die Lieblingsbeschäftigung der Kroaten aus dem Sitzen im Straßencafé und dem Beobachten und Lästern über die Passanten. Das ist vermutlich auch der Grund dafür das in Kroatien jeder wie auf einer Fashion Show aussieht. Die Leute sind dort um längen besser gekleidet als hier (obwohl Freiburg als Maßstab anzunehmen wirklich fragwürdig ist), und jeder spaziert wie auf einem Catwalk - das gilt anscheinend auch für die größten Hinterwäldlerdörfer.
Es ist wirklich eine Schande keine Kamera mitzuhaben, ansonsten hätte ich einige Impressionen besser auffangen können. In der Tat, wenn ich nicht genau hinsehe, und einiges ausblende, könnte ich meinen in Österreich zu sein. Die ganze Stadt ist zugepflastert mit Glaspalästen und Subways (KEINE McDonalds!), österreichische und deutsche Firmen sind wie Heuschrecken eingefallen (Supermärkte, Banken, Telekoms, Bekleidungshäuser, Baumärkte, Drogerien, etc.), an den meisten Häusern prangen deutschsprachige Logos, die Hypo-Alpe-Adria Bank hat nichtmal versucht ihren Namen zu kroatisieren, sie heißt dort schlicht "Hypo-Alpe-Adria Bank Kroatien d.o.o.". Aber als ehemalige österreichische Stadt steht es ihr gut, es passt sogar so gut das ich in manchen Momenten Heimweh nach Österreich verspüre.
Die Straßenbahnen sind für jemanden wie mich ein Highlight, da in dieser Stadt 5 verschiedene Generationen verkehren. Vom veralteten GT4 aus Dresden bis zu polnischen Strabas mit Einzelsitzheizung, bis hin zu modernen Combino-Like Straßenbahnen ist dort alles vertreten. Leider verstehen die Kroaten es nicht wirklich das Netz in Schuss zu halten, oder gut zu planen, auf den ersten Eindruck hin ist die Streckenführung wirklich wirr und die Gleise stark abgenützt.
Das Kroatien das Land der Krawatten ist lassen sie tourismuswirksam wirklich groß raushängen. Die Krawattenshops sind sehr exklusiv, und wir bekommen auch gleich schöne, und teure, Krawatten geschenkt. Nicht das ich gedenke jemals wieder eine zu tragen :-) FRIEDEN DEN HÄLSEN, KRIEG DEN KRAWATTEN!
Dafür das die Stadt nichts homosexuelles zu bieten hat laufen allerdings extrem viele Hot Boiiiis bester Qualität herum, und zwar verschiedenster Coleur. Von Zuckersüß, über Yummy bis hin zu "rrrraawww!!" ist alles vertreten.
Von einem der Hügel in der Stadt herunterblickend sieht man allerdings die dunkeln Seiten der Stadt. Die Bausünden der kommunistischen Zeit haben ihre Spuren deutlich als Narben zurückgelassen, denn zwischen die moderenen Glaspaläste mischen sich immer wieder häßliche Wohnsilobauten, graue Hochhäuser, und triste Fassaden. Die Heterogenität die dadurch entsteht kratzt unangenehm am Bild der Stadt.
Zurück im Hotel katalogisiere ich das Hotel und dessen Features näher. Es ist allererste Sahne, und genauso verkauft es sich, denn das Bett ist kein Bett, es ist ein "Heavenly Bed", die Dusche eine "Heavenly Shower", und so geht is mit allem anderen weiter. Das Bett ist in der Tat riesengroß für ein Einzelzimmer - man fragt sich wie groß die Betten in den größeren Zimmern sein mögen. Überhaupt wird mit Prunk nur so geklotzt. Es ist schade das ich mir auf dem Zimmer die Zeit allein vertreiben muss ;-) Im Hotelsafe finde ich 50 Pence die ich einstecke und durch 50 Euro-Cent ersetze - ein amüsantes Hotelspiel :-)
Kurz nach elf geht es kurz in GR, wo ich von heißen, aber dummen, Typen angelabert werde ob ich ficken will, und noch kurz in die Stadt, bzw. stadtauswärts. Dort sehe ich ein Lederbekleidungsgeschäft (rrraaawww!), weitere T-Com Glaspaläste, ein Hochhaus mit einem klingonisch anmutendem Logo darauf, und weitere Boys. Außerdem laufe ich an einem Hochsicherheits-Anwesen vorbei auf dem ein ultra-süßer Typ patrouliert. Er war allerdings etwas verwirrt das ich ihn die ganze Zeit angestarrt habe. Hehe.. Das Theater an dem ich vorbeilaufe spielt im August "Das Kapital" - da darf man ja gespannt sein.
Zurück im Hotel angekommen verspüre ich ein Gefühl der Einsamkeit, und fühle mich wie Natasha Bedingfield in dem Video zu "I Bruise Easily". In der Tat sehen die Hotel-Fahrstühle genauso wie im Video aus - und geben wunderbaren Sound beim Betätigen der Knöfpe von sich. Sound Engineering in Reinkultur! Ich weiß nicht warum ich mich einsam fühle, vermutlich vermisse ich Timo, aber vermutlich denke ich auch etwas zu verpassen - dadurch das ich mich nicht umziehen und die Stadt unsicher machen kann. Ich fühle mich wie die weibliche Protagonistin in "Lost in Translation", die ihre wunderbaren Entdeckungen auch mit niemandem teilen kann, und so leicht depressiv die schönsten Dinge entdeckt.
Eine 9-Live ähnliche Gameshow auf DSF betrachtend gehe ich mit meinen Kontaktlinsen schlafen - mir bleibt schließlich dank Gepäcksverlust nichts anderes übrig, und die Dame am Empfang ist von meinen ständigen Nachfragen genervt.
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