Freitag, 30.06.2006
Am späten Nachmittag ausgecheckt und den Koffer in die Firma mitgenommen. Als Mitbringsel habe ich noch schnell eine Krawatte für Timo besorgt, er wird sie eventuell noch benötigen :-) Ich war absolut erstaunt das Zagreb einen SASCH! Shop hat, und musste dort auch noch vorbeischaun, fand aber leider auf die Schnelle nichts. Ich erinnerte mich auch an etwas was die Kollegin gesagt hat, und am eigenen Leibe erfahren durfte. Es ist leicht nervig in Kroatien einzukaufen, denn sobald man in den Laden kommt wird man von den Verkäuferinnen mit Hilfsangeboten attackiert. Man kann sich nicht in Ruhe umsehen, man wird "hilfsbereit" niedergestreckt. Hat vielleicht auch Vorteile, aber ist denoch ätzend!
Die Fahrt an die Küste hat 2-3 Stunden benötigt - so genau weiß ich das leider nicht mehr. Wir fuhren mit D.s Kumpel "Ivo" an die Küste. Obwohl er eigentlich "Ivo" (I-w-o) hieß, war irgendwie das englische Aussprechen seines Names viel passender, denn er sah wie ein Brite aus, war genauso stylish und cool, und hatte einen ähnlichen Akzent.
Wir verließen Zagreb rechtzeitig, denn es wurde immer kälter und an der Küste war gutes Wetter angesagt. Wir fuhren auf einer der neuen Autobahnen die unter anderem gebaut wurden damit die Touristen schneller an die Küste kommen. Leider hatte die Autobahn das Manko dass sie durch zwei Tunnel führt bei denen jeweils nur eine einzige Röhre geöffnet ist. Die Innenverkleidung der anderen kam dem Staat einfach zu teuer, so dass die noch auf sich warten lässt. Wir hatten allerdings Glück und kamen in keinen Tourismusstau hinein. Andere hatten allerdings weniger Glück, so sahen wir einen Belgier in einer Luxuskarre dessen Motor sich an der Tankstelle dazu entschlossen hat spont in Rauch zu diffundieren. Der Arme, so kurz vor dem Ziel! Aber wenn er sich so ein Auto leisten kann, kann er sich auch den Abschlepper leisten. Obwohl, warum fliegt er nicht einfach? Zadar hat einen Flughafen! :-)
Auf dem Weg nach Zadar vollführten sich zwei Klimaänderungern. Zunächst wurde alles trocken, aber duster und kalt. Die Gegend verwandelte sich in triste Einöde. Dann kamen wir zu einem Tunnel durch einen sehr großen Berg, der die Küste von dem restlichen Land abschirmt. Als wir aus dem Tunnel raus waren war es so als ob wir gegen eine Wand rasen würden. Hitze, Sonne, gutes Wetter, unendlich schöner Ausblick auf das Meer. Wow!
Zadar liegt in Dalmatien, ist also im Gegensatz zu Istrien nicht vom Krieg verschont geblieben. Hier und da sieht man noch das eine oder andere potentielle Minenfeld, und Hinweisschilder warnen vor ihnen. Traurig.
Das Meet-and-Greet mit der Familie war sehr herzhaft. Leider kann ich mir die Namen von D.s Familienmitgliedern nicht merken :-) Die Mutter erstaunte mich. Obwohl sie seit der Schulzeit kein einziges Mal wirklich Englisch gesprochen hatte (vielleicht mal einem Touristen geholfen, aber keine Konversation), habe ich mich mit ihr fließend unterhalten können. Es muss wohl am englischsprachigen Fernsehen liegen. Leider konnte der Vater kein Wort Englisch. Das machte uns beide etwas traurig, er saß immer nur teilnahmslos da wenn wir uns unterhielten. Schade... Ich kann mit ihm aber mitfühlen, denn durch das viele Reden wird mein Gehirn langsam matschig und mein Englisch immer schlechter.
Die Gastfreundschaft ist überwältigend, und D.s Eltern erklären mir auf Anfrage hin dass sie froh sind wenn ihr Sohn mal vorbeikommt, und sie gerne seine Freunde bei sich haben. Es gibt etwa 20 Kilo Fleisch zum Abendessen und nach kurzer Zeit kommt D.s Bruder dazu. Er ist 22, zuckersüß, am Körper teilrasiert, Fussballspieler, und shirtless. Sixpack ist natürlich auch vorhanden.. Einfach yummi. Er hat ein niedliches Gesicht, und spricht ausgezeichnet Englisch. Irgendwie ist er smart, gar nicht so der typische Fußballspieler. Aber vielleicht täuscht das weil er sich von der besten Seite präsentieren will.
Streckenweise kommt es mir so vor als würde er sich die ganze Zeit speziell in Pose bringen wollen. Posiert vor mir, präsentiert sich. Dauernd fragt er mich aus, wer ich bin, wie es mir geht, alle Details aus meinem Leben. Als wir Abends in die Stadt gehen wollen gebe ich das Badezimmer für ihn frei. Er geht rein, zieht sein Shirt aus, macht sich feucht und kommt in mein Zimmer um mich zu fragen "was ich eigentlich von Kroatien erwarte".... Ich habe schon viel erlebt und kann ja sehr gut das Heterospiel spielen, und mich hinter einer Maske verstecken, wenn es sein muss, aber in diesem Moment wär ich vor Schwindelgefühl fast hingefallen. Ich stellte mir also die Frage ob er schwul ist oder nicht. Es gab im Laufe der zwei Tage einige Anzeichen, aber auch viele Gegenzeichen. Da ich mich bei D. schon geirrt habe lies ich die Spekulationen allerdings sein. Timo meint hierzu nur das es viele Heten gibt die sich auf diese Art "beliebt" machen wollen und stolz ihren Körper präsentieren um Eindruck zu schinden. Und wegen den vielen Fragen nach mir, meinem Leben, der Family, etc. kann ich hier nur auf die Art der Ungarn verweisen. Wenn man dich da innerhalb von 15 Minuten nicht nach der kompletten Lebensgeschichte und Familienverhältnissen ausgefragt hat mag man dich kategorisch einfach nicht! :-) Da er aber Kroate, und kein Ungar ist ... naja.. :-)
Der Abend war wunderschön, und sehr entspannend. Es ging los mit einer Führung durch die schmalen Gassen von Zadar. Die Stadt hat schon unzählige Herscher erlebt, das sieht man ihr auch durch die abwechselnde italienische, phoenizische, österreichische und neuzeitliche Architektur an. In der Innenstadt tummeln sich natürlich auch 8 (!!) Filialen von "dm", eine von Mango, unzälige der Hypo-Alpe-Adria Bank, Erste Bank, etc. Leider wird das Bild etwas verzerrt durch den Umstand das die Filialen an sich im Erdgestock aus Stahl und Glas ist, das Haus in dem sie allerdings sind darüber absolut marode und verfallen ist. Man hätte ruhig die ganzen Häuser kaufen und sanieren können.
Ich hatte auch die Gelegenheit die welterste Meeresorgel anhören zu dürfen. In die Felsen der Strandpromenade sind mathematisch perfekte Orgelpfeifen eingelassen. Sie werden angeblasen durch die Wellenbewegungen. Je nach Wellenbewegung, Intensität, Frequenz, Meeresstand, etc. werden andere Töne angeschlagen. Da das System darauf basiert, ist es absolut chaotisch, und ergibt denoch eine absolut harmonischen Melodie. Einfach wunderschön.
Danach waren wir im "The Garden". Es ist ein Club eines Briten, Open-Air, direkt an der Strandpromenade gelegen, absolut stylish und dekoriert wie eine römische Orgie. Weiße Couchen, große Quadratische Betten, Lounge Musik, etc. Fehlten nur noch die bisexuellen Traubenmädchen. Und obwohl es eine "Tanzfläche" gab, tanzte dort niemand. Vermutlich aufgrund der eher loungigen Musik und der fehlenden Disko-Lights. Kurz nach Mitternacht wurden wir dann durch das Herumliegen so müde dass wir gehen wollten. Glücklicherweise gingen wir am "Arsenal" vorbei, einem ehemaligen venezianischem Warenhaus das nun zu einer Art innen offenen Shopping Mal mit zentraler Bar umfunktioniert wurde. Abends werden die einzelnen Shops dicht gemacht und in der Bar in der Mitte des Gebäudes gibt es Live Musik. Eine Kroatin sang dort live mit ihrer Band Jazz und Soul. Bedingt durch die Zeit und vermutlich schlecht platzierter Werbung waren aber in dem ganzen Schuppen nur 12 Leute, bei insgesamt 8 Barkeeps. Man hatte also buchstäblich seinen eigenen Private-Tender - und ich hab mir den süßesten ausgesucht :-)
Mein Englisch ist nicht sooo schlecht, aber trotzdem hörte er doch tatsächlich trotz lauter Musik anhand meiner Bestellung ("Wodka, Water, Karlovačko") heraus das ich Deutschsprachig bin, und antwortete mir mit "Fünfzehn Kuna". Überhaupt waren die Preise unerhört günstig. In Zagreb zahlte ich für einen Bacardi Breezer 15 Kuna, im "The Garden" bereits 35, und im "Arsenal" für die ganze Bestellung zusammen nur 15. 15 Kuna, das sind 2 Euro!!!!!! Und das obwohl die Location und die Musik um einiges besser waren. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen wieso er mich sofort als "Deutschen" identifiziert hatte und bat D. mir zu sagen ob ich wirklich so offensichtlich Touri bin. Er verneinte das und meinte mir fehlt ein wichtiges Element: Rote, verbrannte Haut im Gesicht und im Nacken :-)
Der Abend ging für einen Freitag relativ früh zu Ende, wir waren bereits um 2 zu Hause und in der Haia, aber ich muss sagen es war der entspannteste und angenehmste Abend seit Ewigkeiten. Ich war allerdings etwas überrascht als ich vor dem Schlafen gehen mit einem Wattepad und etwas Reinigungslösung mein Gesicht reinigte. Das Wattepad war danach pechschwarz, und das obwohl wir nichtmal in der Nähe von Rauch waren. Die Luft muss wohl meine Pooren geöffnet haben, und WIE!
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